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1. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 75

1877 - Oldenburg : Stalling
75 Mut gerotteten Degen zu ziehen; um so krftiger zuckte er das Jagdmesser, um so entzckender spielte er Theater. Nach einem ungebundenen Lebenswandel hatte er sich streng-kirch-lichen Hebungen ergeben, hate als Haupt der Ultra's die Constitution und hegte von der Wrde eines unumschrnkten Knigs so berspannte Vorstellungen, da er lieber Holz sgen als ein König nach englischem Muster sein wollte. Karls Shne waren der Herzog von Angouleme und der Herzog von Berry, jener vermhlt mit Marie Therese, der unglcklichen Tochter des hingerichteten Ludwig Xvi., dieser mit der neapolitanischen Prinzessin Marie Karoline, Enkeltochter des Knigs von Neapel und Sicilien; beide waren geistig unbedeutend, aber Berry gutmthiger und lebhafter. Bei seinem feurigen Wesen hatte man ihn an die Spitze der Truppen gestellt, aber durch unkluge Behandlung der alten napoleoni-schen Krieger und durch launenhaften Tadel in Kleinigkeiten hatte er sich deren Unwillen in hohem Grade zugezogen. Da auch Angouleme's Ehe kinderlos war, so beruhte auf ihm die Hoffnung der Familie. König Ludwig Xviil war ein Mann von Geist, feiner Bildung und edlem Charakter, von dem Wunsche beseelt, sein Volk zu beglcken. Sein Streben, im Geiste der Zeit nach der von ihm gegebenen Verfassung zu regieren, mag aufrichtig gewesen sein, aber er besa nicht die Energie, unter dem Kampfe der mit einander ringenden feindseligen Geister das Staatsschiff mit Glck und Sicherheit zu lenken. Seit dem 24. Septbr. 1815 stand Herzog Richelieu an der Spitze des Ministeriums, der, wenngleich Royalist. doch kein Ultra war. Dagegen bestand die neue Kammer, die am 7. Octbr. 1815 zusammentrat, aus den wthendsten Ultra's, die, kniglicher als der König selbst, die Wiederherstellung des alten Frankreichs und des Hofregimentes Ludwigs Xiv. in Absicht hatten. Alle, die fr den Tod Ludwigs Xvi. gestimmt oder während der hunbert Tage Aemter angenommen hatten, *) * Der berhmteste Fall war der des Marschalls Ney, der nach einer erschtternden Verhandlung zum Tode vernrtheilt und am 7. De-, cember 1815 erschossen ward. Dasselbe Schicksal hatten Labedoyre und Andere.

2. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 77

1877 - Oldenburg : Stalling
77 dieser Wahl mit solcher Entschiedenheit, da, da Defsolles ihm widerstrebte, Decazes als erster Minister an die Spitze der Geschfte gelangte (19. Nov. I81i>). Sein Streben war, weder die Ultra's noch die Liberalen allzu mchtig werden zu lassen, sondern einen Mittelweg einzuschlagen, um beide Par-teien zu befriedigen. Bald aber sollte ihn ein erschtterndes Ereigni von der begonnenen Bahn abrufen. Ein Sattlergehlfe, Namens Louvel, durch das Lesen revolutionrer Schriften von glhendem Hasse gegen die Bour-bonen entflammt, in denen er die Feinde und Unterdrcker Frankreichs erkannte, fate den wahnsinnigen Entschlu, sein Vaterland durch Ermordung desjenigen Prinzen zu erlsen, auf welchem bei der Kinderlosigkeit Angouleme's die Hoffnung der regierenden Linie beruhte. Der Herzog von Berry hatte sich am 13. Febr. 1820 mit seiner Gemahlin in die Oper begeben. Die Herzogin wnschte vor Beendigung der Vor-stellung nach Hause gebracht zu werden. Der Herzog fhrte sie zu ihrem Wagen; aber in dem Augenblick nahte sich ihm Louvel und stie ihm einen Dolch mit solcher Heftigkeit in die Brust, da derselbe bis an den Griff eindrang. Der Mrder ward alsbald ergriffen. Als der Herzog nach der Wunde griff und das zurckgebliebene Eisen fhlte, rief er aus: Ich bin ein Mann des Todes!" und ahnte sein Schick-sal. Seine Gemahlin strzte herbei und ihre Kleider wurden vom Blute ihres Gatten berstrmt. Man brachte den Prin-zen in einen an die knigliche Loge stoenden Saal, seine Ver-wandten eilten herbei. Um Unruhen zu verhten, lie man die Vorstellung fortdauern, und so begleitete denn die Musik der Oper und des Ballets den Todeskampf des Sterbenden, der, ergeben in den Willen der Vorsehung, eine seltene Gro-muth des Charakters bekundete. Er verlangte nach einem Priester und rief dann Alle um Verzeihung an, die er in feinem Leben auf irgend eine Weise verletzt haben knnte. Er trftete feine verzweifelnde Gattin und bat den König um Begnadigung feines Mrders. Seine kleine Tochter segnend, sagte er: Mchtest du glcklicher als deine Angehrigen fein!" Sein letzter Seufzer war von dem einftimmigen Klagelaut feiner Familie begleitet. Als das erste Morgengrauen in das matt erleuchtete Gemach siel, kniete der greife König an dem

3. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 80

1877 - Oldenburg : Stalling
80 da deren Mitglieder auf sieben Jahre gewhlt werden sollten. Ludwig Xviii., dessen Krfte immer mehr hinschwanden, be-kmmerte sich nicht mehr um die Regierung. Er starb am 16. September 1824, nachdem er seinem Bruder die ernste Mahnung hinterlassen: Vergessen Sie nicht, da Sie die Krone fr Ihren Sohn und Ihren Enkel zu bewahren haben!" Graf Artois, als König Karl X. (18241830), bestieg in einem Alter von siebenundsechszig Jahren den Thron. Er lie sich im Mai des folgenden Jahres zu Rheims unter mit-telalterlichen Formen krnen und mit dem heiligen Oele salben, womit Chlodwig und alle franzsischen Könige bis auf Lud-wig Xvi. gesalbt worden, und von dem, wie versichert ward, einige Tropfen aus den Strmen der Revolution gerettet waren. Karl X., alt und krnklich, konnte kaum noch ein Pferd besteigen, und war durch altfrnkische Tracht und Man-gel an Haltung den Franzosen lcherlich. Er begann seine Regierung mit Gnadenacten, mit einer Amnestie politischer Verbrecher und Aufhebung der Censur. Karl X. hatte sich nach den Erfahrungen eines strmischen Lebens der Andacht zugewandt, von der auch seine Nichte, die Dauphine Marie Therese, ganz erfllt war. Sie, die Tochter Ludwigs Xvi. und Marie Antoinettens, konnte wahrlich nicht mit dem Ge-fhl des Frohsinns in kniglichem Glnze an der Sttte er-scheinen, von wo ihr Vater und ihre Mutter unter jahrelangen Seelenleiden den Weg zum Blutgerste gegangen waren, und ihre Stimmung hatte sich daher vom Irdischen und Eitelen auf das Ewige und Unvergngliche gerichtet. Aber die Art und Weise, wie sich diese fromme Richtung im Leben und im Staate kund gab, erregte den Ansto der Nation. Karls X. Streben ging dahin, der Geistlichkeit ihr frheres Ansehen und ihre einflureiche Stellung wiederzugeben und Villele begn-stigte dieses Streben, um sich in seiner Stellung zu erhalten. Nachdem er eine Entschdigung der Emigranten von 1000 Millionen Franken fr ihre durch die Revolution erlittenen Ver-luste durchgesetzt, erfolgte ein strenges Gesetz wegen Kirchen-frevels (Sacrilegiengesetz)/ das auf Entweihung von Kirchen, Hostien und heiligen Gefen den Tod setzte. Der König zog nur strengglubige Bischfe in seine Umgebung; geistliche Vereine tauchten in groer Zahl auf, geleitet von Jesuiten, die, schon

4. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 90

1877 - Oldenburg : Stalling
90 - lauter Stimme sein: Vive jamais Charles X.!" und erhielt dafr eine bedeutende Schenkung. Mit Hellem Blicke die Migriffe der Regierung erkennend, blieb er, ohne eine Partei zu bilden, ein ruhiger Beobachter der Ereignisse. Diesen Herzog von Orleans wollte jetzt Lafitte auf den Thron erheben. Er sandte Boten nach Neuilly, um ihn aufzufordern, sich an seinen Posten zu begeben, und noch in der Nacht auf den 31. langte er verkleidet in Paris im Palais Royal an. Als man ihm vor seinem Schlosse ein Lebehoch brachte, versicherte er, er werde sich eher tobten lassen, als die Krone annehmen. Als man ihm die Statthalterwrbe antrug, schwankte er lange, bis enblich Talleyrand's Wort: Man soll annehmen!" ihn dazu bestimmte. Nun erlie er die berhmte Proclamation, in der er verknbete, die Charte werbe fortan eine Wahrheit fein; boch hatte er noch eine starke Par-tei gegen sich. Lafitte ging mit dem Herzoge in feierlichem Aufzuge nach dem Stabthause, um die Anerkennung besselben zu bewirken. Hier fhrte Lafayette selbst den Herzog ans Fenster, um ihn dem Volke vorzustellen. Louis Philipp schwenkte eine breifarbige Fahne, und das Volk rief: Es lebe Lafayette! Es lebe der Herzog von Orleans!" All-mhlich wute Louis Philipp auch die Hupter der republikanischen Partei zu gewinnen, inbern Lafayette dem Herzoge die Erklrung mittheilte, man wolle einen populren Thron, umgeben von bemokratifchen Institutionen , worauf dieser mit der Versicherung antwortete, er theile ganz die Ansichten der Brger, ihre Vorschlge seien seine eigenen Gebanken, man mge ihm unbebingt vertrauen. An bemselben Tage (31.) verlie Karl X. mit seiner Familie St. Cloub und begab sich, von den Ueberresten seines Heeres und einer Anzahl Getreuer begleitet, nach Rambouillet. Auf die Kunbe von den in Paris gefaten Beschlssen ent-schlo er sich am 2. August zur Abfassung eines Schreibens, worin er und der Dauphin der Krone zu Gunsten des jungen Herzogs von Borbeaux lsohnes des ermorbeten Herzogs von Berry), der als Heinrich V. König werben sollte, entsagten und den General-Statthalter ersuchten, dem kniglichen Kinde die Krone zu erhalten. Er wollte Rambouillet nicht verlassen, bis der neue König ausgerufen wre; als er aber die Ab-

5. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 114

1877 - Oldenburg : Stalling
114 nachzuholen, schlugen fehl. Dwernicki, der in Volhynien den Aufstand untersttzen sollte, erlag einer dreimal strkeren Macht der Russen unter Rdiger und mute sich mit 6000 Mann auf streichisches Gebiet retten, wo er entwaffnet und gefan-gen wurde. Zwar erhob sich in Volhynien, Podolien, in der Ukraine, sogar in Samogitien der polnische Adel an der Spitze seiner Bauern, unterlag aber beim Mangel einer regelmigen Truppenmacht den Russen, oder rettete sich nach Polen. Indessen konnte Skrzynecki in Folge der ungeheueren Anstrengungen der Polen wieder der 75,000 Mann mit 140 Geschtzen verfgen; er htte die zwischen dem Narew und dem Bug stehende 22,000 Mann russischer Garden erdrcken knnen, schickte aber aus Furcht vor einem Ueberfall Warschaus bedeutende Streitkrfte dahin ab und lie Diebitsch Zeit, den Garden zu Hlfe zu kommen. So fhrte er denn die unglckliche Schlacht bei Ostrolenka herbei (26. Mai), wo die heldenmthigste Tapferkeit die begangenen Migriffe nicht wieder gut machen konnte. Die Polen verloren hier 7000, die Russen 9000 Mann. Diebitsch sollte seinen Sieg nicht lange berleben: er starb am 10. Juni bei Pultusk, bald darauf am 27. Juni der Grofrst Konstantin bei Witepsk, beide an der Cholera. Jener hatte in diesem Kriege, den er mit anderen Augen als ein Nationalrusse ansehen mochte, nicht die frhere Energie be-wiesen; dieser soll der die Tapferkeit der Polen, als ob sie sein Werk wre, seine Freude geuert haben. Der Pltz-liche Hintritt beider Männer veranlate das Gercht, da ihr Tod kein natrlicher gewesen sei. Eine noch niederschlagendere Wirkung auf die Hoffnungen der Polen als die Schlacht bei Ostrolenka brachte die Nach-richt von dem Fehlschlagen der Unternehmung auf Litthauen, wohin General Gielgud Anfangs Juni mit 12,000 Mann abgeschickt war. Auch hier zeigte sich die Uneinigkeit und Unfhigkeit der polnischen Fhrer. Ein rasches Vordringen gegen Wilna, wo nur 3000 Russen standen, wrde diese Stadt und einen Theil der Provinz den Polen in die Hnde geliefert haben, aber Gielgud, der als geborener Litthauer mehr Sorge fr seine Gter in diesem Lande als fr die Sache des Vaterlandes hatte, vergeudete in Unthtigkeit die kostbare Zeit,

6. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 184

1877 - Oldenburg : Stalling
184 - beschrnkte Meinungsfreiheit herrschte, traten einige berspannte junge Männer zu einer Gesellschaft zusammen, in welcher sie den Saint-Simonistischen Ideen eine praktische Anwendung zu geben suchten. Der Grundsatz gemeinsamen Eigenthums, der Vertheilung des Ertrags der Arbeit nach Verdienst und Be-fhigung wre, als leeres Hirngespinst, an der Unmglichkeit der Durchfhrung gescheitert, aber die Lehre von der Auf-Hebung der Ehe und der sogenannten freien Frau" griffen die sittlichen Grundlagen des Staates und der Gesellschaft an. Uneinigkeit unter den St. Simoniften selbst fhrte zu einer gerichtlichen Klage, in Folge deren ihre Versammlungen ver-boten und die Hupter bestraft wurden. Zwar verschwand nun der St.-Simonismus bald, mu aber doch als Vorlufer der spteren social-communistischen Richtung betrachtet werden, da seine praktischen Lehren von einer Umwlzung der Eigenthumsverhltnisse und von der Aufhebung der Erblich-feit des Eigenthums fortwhrend auf die niederen Kreise des Volkes einen starken Einflu bte, den Ha der Parteien steigerten und die franzsische Gesellschaft in feindliche Lager zerrissen. Perier's letzte politische That war die Besetzung Anconas (vergl. Xi.), welche der Uebermacht der Oestreicher in Italien das Gegengewicht bieten sollte. Sie dauerte sieben Jahre, eben so lange als die Oestreicher in der Romagna blieben. Als im Frhjahre 1832 die Cholera zum ersten Male Paris heimsuchte, und der Pbel die neue Krankheit einer Brunnen-Vergiftung zuschrieb, einige Menschen sogar als vermeintliche Vergifter zerri, besuchte der König mit Pener die Choleraspitler, um das Volk zu ermuthigen. Einige Tage darauf wurde Perier selbst, dessen Gesundheit durch den steten Kampf mit den Parteien geistig und krperlich angegriffen war, von der Cholera befallen und starb am 16. Mai 1832. Sein Tod verursachte mehr stille Freude, als aufrichtige Trauer. Selbst Ludwig Philipp, den die gewaltige Haltung des Mi-nisters etwas in den Hintergrund gedrngt hatte, sprach diese gemischte Stimmung in den Worten aus: Die Zukunft wird lehren, ob Perier's Tod ein Glck oder ein Unglck ist." Und doch war es die Energie dieses Staatsmannes, die dem Juli-throne nicht allein während seiner Verwaltung Ruhe und

7. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 196

1877 - Oldenburg : Stalling
196 einem neuen Abenteuer. Er kleidete einige fnfzig Leute in die Uniform der alten Kaisergarde, landete mit ihnen an der franzsischen Kste und zog in Boulogne ein (6. August 1840), wo er in einer Proclamation erklrte, da die Bourbons-Orleans aufgehrt htten zu regieren", der franzsischen Na-tion ihre alte'gre wieder verhie und eine provisorische Regierung ernannte. Als Symbol des Kaiserreichs lie er einen lebendigen Adler, den er mitgebracht, in die Luft steigen. Als aber die Zollsoldaten auf ihn eindrangen, warf er sich in das Boot, auf dem er gelandet war. Dieses schlug um, und er ward gefangen. Der Pairshof verurtheilte ihn zu lebenslnglichem Gefngni, das er zu Ham antrat, von wo er 1846 wieder nach England entfloh. Waren auch die bev den Attentate Ludwig Napoleons milungen, so haben doch die Ereignisse von Straburg und Boulogne seinen Namen vor Vergessenheit geschtzt und zu seiner nachmaligen Erhebung beigetragen. Wenn auch Ludwig Philipp den Belgiern gegen Holland krftige Hlfe leistete, so ist es doch besonders seine Haltung gegen das Ausland, welche die Julimonarchie bei der Nation verhat machte. Ludwig Philipp fhrte bisweilen gegen schwchere Staaten eine drohende Sprache, aber den Gro-mchten gegenber bewies er eine Schwche und Nachgiebigkeit, wie sie der Gre und Bedeutung Frankreichs keineswegs ent-sprach. Dazu kam noch, da seine Politik nach auen nicht einmal aufrichtig war. Er erregte in der liberalen Partei im Kirchenstaate, in den Polen, in der Partei der Constitutionellen in Spanien Hoffnungen auf franzsische Untersttzung und lie sie dann der Reihe nach im Stiche. Seine Politik in dem Kampfe der Pforte mit dem Viceknig von Aegypten mute der Nation vollends verchtlich erscheinen. Sein Ministerium begnstigte Anfangs eine Zeit lang die Sache Mehemed Aivs. Als sich nun die Gromchte zu Gunsten des Sultans erklr-ten und die Quadrupelallianz bildeten, durch welche Frankreich isolirt wurde, unternahm der Ministerprsident Thiers (seit Mrz 1840) gewaltige Rstungen und drohte mit einem An-griff auf den Rhein, so da in ganz Frankreich die grte

8. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 306

1877 - Oldenburg : Stalling
306 - Ferdinand Ii. von Neapel wute sich von seinem Volke allzu-sehr gehat, als da er irgend einen Weg wohlwollenden Entgegenkommens htte einschlagen mgen. Er zog sich in seinen entlegenen Palast Caserta oder nach Gaeta zurck, wo ihn zahlreiche Wachen umgaben. Es fehlte nicht an Ausbrchen des Hasses und der Unzufriedenheit. Im November 1856 versuchte der Baron Bentivenga in teilten die Verfassung von 1812 herzustellen, wurde aber berwltigt und hingerichtet. Ein Soldat, Namens Milano, machte auf der Parade einen Mordversuch auf den König und bte mit dem Leben. Der Oberst Pisacane, ein Freund Mazzini's, landete mit einer bewaffneten Schaar an der neapolitanischen Kste, um einen Aufstand zu erregen, ward aber, schwer verwundet, gefangen genommen. Ein furchtbares Erdbeben (Dee. 1857), das gegen 20,000 Huser zerstrt und an 10,000 Menschen verschttet haben soll, machte auf die knigliche Familie nicht den geringsten Eindruck. Die geheimen Gesellschaften in und auer Italien ent-wickelten eine ungemeine Thtigkeit. Sie sahen in der Annherung Rulands und Frankreichs einen Bund zweier Despoten, der der Freiheit der Völker Gefahr drohe. Da Napoleon die Freiheit in Frankreich unterdrckte, so erwartete man von seinem Einflu auf Victor Emanuel fr Italien kein Heil, und den Anhngern Mazzini's erschien er, der einst zum Bunde der Carbonari gehrt, geradezu als Abtrnniger und Verrther. Bei der verzweifelten Lage des Landes und der Gluth der Leidenschaft glaubte man durch ein erschtterndes Ereigni den trostlosen Verhltnissen eine gnstigere Wendung geben zu knnen. Da unternahm es Felix Orsini, der Mit-glied der constituirenden Versammlung in Rom gewesen, dann in streichische Gefangenschaft gefallen und aus dem Kerker in Mantua entkommen war, eine Verschwrung gegen Napoleons Leben zu stiften, und verband sich zu diesem Zweck in England mit drei anderen italienischen Flchtlingen, Pieri, Gomez und Rudio. Er lie in aller Stille eine eigenthm-Itche Art von Bomben anfertigen und begab sich mit seinen Genossen von London nach Paris. Als Napoleon am Abend des 14. Januar 1858 mit seiner Gemahlin nach der Oper fuhr, wurden die furchtbaren Bomben gegen seinen Wagen

9. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 381

1877 - Oldenburg : Stalling
381 Nordamerika, wo so viele ihre Heimath gefunden, richteten ihre Blicke mit inniger Theilnahme auf das deutsche Vater-land, dessen innere Gestaltung unter Preuens Hegemonie einen jugendlich krftigen Aufschwung nahm. Auch die frem-den Mchte zollten der inneren Entwickelung des deutschen Bundes und seiner rastlosen Thtigkeit auf dem Gebiete der Freiheit und Ordnung ihre Anerkennung und schpften daraus die eberzeugung, da in der deutschen Volkskraft keine Ge-fhrdung, sondern eine starke Sttze des allgemeinen Friedens zu erkennen sei. Der Bevlkerung derjenigen Staaten, welche durch die Ereignisse des Jahres 1866 der preuischen Monarchie einverleibt waren, ward fortan die Aufgabe, ihre frhere kleinstaatliche Selbststndigkeit zu vergessen und sich immer mehr als natrliche Glieder des groen Staats-organismus fhlen zu lernen, der sie in sich aufgenommen hatte. Sogar in den Staaten, welche gegen Preußen die Waffen getragen, verschwand die feindselige Stimmung und machte der Sehnsucht Platz, da die Mainlinie nicht lnger mehr Nord- und Sddeutschland scheiden mge. Freilich blieb in Sddeutschland immer noch eine Partei, welche die kleinlichen Sonderinteressen der einzelnen Staatsgebiete der Ver-wirklichung der groen patriotischen Ideen vorzog, aber diese particularistische Richtung mute immer mehr zurcktreten und war so klein und unbedeutend, da sie sich der lebenskrftigen Strmung des groen Ganzen nicht entgegen zu stellen vermochte. Wie in Preußen selbst in Folge der glnzenden Siege des Jahres 1866 alle Mistimmung gegen die Re-gierung verschwand, so schien auch Oestreich, dessen Kaiser anfnglich durch die Berufung des bisherigen schsischen Premierministers von Beust zum Kanzler in seiner feindlichen Stellung gegen Preußen und den Nordbund beharren zu wollen drohte, allmhlich in vershnliche Bahnen einzu-lenken. *) *) In Oestreich, wo von Beust als Ministerprsident, spter als Reichskanzler auftrat, begann in Folge des unglcklichen Krieges eine Wiedergeburt des gesammten Staates in liberaler Richtung, Die ungarische Verfassung wurde wieder hergestellt, und im Juni 1867 fand die feierliche Krnung des Kaisers Franz Joseph als Knigs von Un-

10. Erzählungen aus der neuesten Geschichte (1815 - 1881) - S. 390

1877 - Oldenburg : Stalling
390 Paris aus die Weisung, sich zum König Wilhelm nach Ems zu begeben und diesen zu ersuchen, den Erbprinzen von Hohen-zollern zur Ablehnung der spanischen Krone zu veranlassen. Der Ungestm und die dreiste Dringlichkeit, mit der man auf den König zu wirken suchte, offenbarten von vorn herein eine feindselige und bswillige Gesinnung. Der Botschafter ward selbstverstndlich abschlglich beschieden: in gleichem Sinne war unmittelbar darauf eine an die Vertreter des Bundes in Deutschland erlassene Kundgebung gehalten. Dennoch wieder-holte Benedetti am 11. Juli sein Ersuchen, freilich mit dem-selben Erfolge. Whrend die Lage sich immer peinlicher ge-staltete und die politische Schwle, die auf Europa lastete, in stetem Steigen war, trat unerwarteter Weise die einzige Mglichkeit, die obschwebende Frage friedlich zu lsen, von selbst ein: was Niemand geahnt, geschah. Voll edler Selbst-verlugnung entsagte der Erbprinz Leopold, um nicht einen europischen Krieg hervorzurufen, der spanischen Krone. Man htte erwarten sollen, da der dstere politische Himmel sich nun wieder aufklren werde. Man tuschte sich. Am 12. Juli, am Tage der Entsagung Seitens des Prinzen Leopold, fand zwischen dem preuischen Botschafter Herrn von Werther und dem Herzog von Grammont eine wei-tere Unterredung Statt, in welcher der Botschafter angewiesen wurde, vom Könige ein eigenhndiges Entschuldigungsschreiben an den Kaiser Napoleon zu verlangen und zugleich die For-derung zu stellen, da der König sich fr alle Zukunft ver-pflichte, niemals seine Zustimmung zu geben, wenn man spter nochmals auf einen Hohenzollern'schen Prinzen als spanischen Throncandidaten zurckkommen sollte. Die grenzenlose Unverschmtheit, mit der diese Zumu-thung auftrat, rief in Deutschland, wie fast in ganz Europa die hchste Entrstung hervor, und in allen Schichten der deutschen Bevlkerung ghrte der Ingrimm der die Frechheit des franzsischen Cabinets. Graf Bismarck wies den preuischen Botschafter Herrn von Werther*) an, der franzsischen Regierung zu antworten, * Da Herr von Werther nach der erwhnten Zumuthung die Unterredung nicht sofort abbrach, wie es dle Wrde der Regierung ver-langte, wurde nachher durch seine Snspendirnng gergt.
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